SPD zur Verabschiedung des Hockenheimer Haushalts 2021

Veröffentlicht am 09.02.2021 in Kommunalpolitik

Am 20.Januar 2021 fand in diesem Jahr im Gemeinderat die Verabschiedung des Haushalts der Stadt Hockenheim statt. Unsere SPD-Themen in diesem Jahr: Bezahlbarer Wohnraum, Bauland, „Bildungsstadt Hockenheim“, natürlich die Aussetzung der Nachhaltigkeitssatzung und vieles mehr.

Haushaltsrede 2021 der SPD Fraktion

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Zeitler, sehr geehrter Herr Bürgermeister Jakob-Lichtenberg, liebe Kolleg*innen im Gemeinderat und Jugendgemeinderat, liebe interessierte Leser*innen!

Vor nur gut 8 Monaten haben wir den letzten Haushalt verabschiedet. Es war der erste doppische Haushalt und die Umstellung auf dieses neue kommunale Kassen- und Haushaltsrecht war der Grund für diese späte Verabschiedung. Und damals, Ende April 2020, hat uns die Verwaltung versprochen, dass der nächste Haushalt, also das Zahlenwerk, um das es heute geht, deutlich früher verabschiedet werden soll. Und wir können nur applaudieren, sie haben es tatsächlich geschafft. Herzlichen Dank also für das Erstellen dieses immensen Haushalts- und Wirtschaftsplans. Herr Fitterling und seine MitarbeiterInnen, aber auch die ZuarbeiterInnen aus anderen Abteilungen, verdienen unsere ganz besondere Hochachtung. Besonders in der Kämmerei wurde hart gearbeitet, alle Erleichterungen zur Genehmigung dieses Haushaltes wurden hin- und her geprüft. Immer in der Hoffnung, dass wir uns allerhöchstens eine „Rüge“ des Regierungspräsidiums einfangen für diesen Haushalt auf „tönernen Füßen“ und nicht für die Stadt Hockenheim unerträgliche Knebelungen erleiden müssen.

Ja, die Lage ist ernst, offensichtlich so ernst, dass dieser Gemeinderat im vergangenen Jahr die Nachhaltigkeitssatzung ausgesetzt hat. Aussetzen musste, wäre wahrscheinlich besser formuliert. Denn jetzt wäre Hockenheim tatsächlich – in den Fesseln der Nachhaltigkeitssatzung - handlungsunfähig. Allein die unaufschiebbaren Investitionen im Schul- und KiTa- Bereich zwingen den Gemeinderat jetzt so zu handeln. Und wenn wir ganz ehrlich sind, können wir uns ein kleines Lächeln in dieser zum Weinen scheinenden Lage kaum verkneifen. Unserer Meinung nach hätte es nicht soweit kommen müssen.

Hätte man vor längerer Zeit, als es noch keine so starken Einnahmerückgänge und parallel dazu Ausgabensteigerungen gegeben hat, die Nachhaltigkeitssatzung ausgesetzt, bzw. im besten Fall gar nicht erst beschlossen, wären manche Investitionen deutlich früher möglich gewesen und heute schon abgeschlossen, bzw. auch bald abbezahlt. Wenn OB Zeitler heute beklagt, dass er im Rathaus einen gewaltigen Investitionsstau vorgefunden habe, dann sollte er sich mit seiner Kritik direkt an die große Mehrheit im Gemeinderat wenden, die auch zu Zeiten eines historischen Zins-Tiefstands an der Nachhaltigkeitssatzung festgehalten hat. Das sind Fakten, die nicht verschwiegen werden sollten. 

Hockenheim wächst. Jahr für Jahr steigen die Einwohnerzahlen. Keine dramatische Entwicklung, aber stetig. Jeder Einwohner bringt der Kommune mehr Geld, aber wir müssen ganz sicher nicht um jeden Preis wachsen. Was wir tatsächlich müssen, ist bezahlbaren Wohnraum schaffen für unsere Bevölkerung. Die Wohnraumknappheit liegt auch am Wandel in der Gesellschaft. So steigt z.B. der Bedarf an Single-Haushalten immer weiter. Nicht nur bei jungen Leuten, sondern auch bei älteren Personen. Wer ist schon bereit, aus seinem viel zu großen Haus auszuziehen (das gerne von jungen Familien genommen würde), wenn es keine kleineren Alternativen gibt?

In den letzten Jahren wurde einiges gebaut in unserer Stadt. Beispiele sind z.B. die Bebauung am Messplatz und in der Kantstraße - auf dem ehemaligen Raiffeisen-Gelände. Zugegeben, wir haben diese Vorhaben immer unterstützt und freuen uns jetzt auch auf den Neubau an der Schwetzinger Straße (ehemals Autohaus Benz) mit seinen vielen schicken Wohnungen.  Aber wir sprechen hier ausschließlich von hochpreisigen Miet- und Eigentumswohnungen. Jetzt muss die Stadt endlich agieren und die Bebauung am Hubäckerring vorantreiben. Am einzigen Standort für bezahlbares Wohnen, den dieser Gemeinderat zugelassen hat. Jetzt, da es eine Lösung für die Schande am Hofweg gibt und auch die Zahl der Asylanten deutlich abgenommen hat, geht es in Hockenheim hauptsächlich um die „vier Wände“, die man auch mit kleineren Einkommen bezahlen kann.

Die Schaffung preisgünstigen Wohnraums ist ein zentraler und dringlicher Punkt kommunalpolitischen Handelns.

Für die SPD Hockenheim ist die Festlegung einer verbindlichen Quote von mindestens 30 % für preisgünstigen Wohnungsbau unerlässlich. Nicht nur am Hubäckerring, sondern bei allen künftigen Wohnungsbaumaßnahmen.

Beim Bauland galt in Hockenheim in den letzten Jahren: Innenverdichtung vor neuen Baugebieten. Und damit sind wir auch sehr gut gefahren. Inzwischen sind viele Baulücken geschlossen, Baugrundstücke sind Mangelware und wir kennen viele junge Familien, die Hockenheim verlassen haben, ja verlassen mussten, weil sie kein adäquates Bauland gefunden haben. Jetzt sollten wir Farbe bekennen: Soll in Hockenheim ein neues Baugebiet erschlossen werden? Wir meinen ja. Eine weitere Verdichtung führt zum Verlust von Vegetation und Freiräumen und schränkt zudem die Luftzirkulation ein. Fachleute warnen davor, dass durch fehlende Luftschneisen das Stadtklima ungünstig beeinflusst werden kann.

Vorschläge für neue Baugebiete gibt es bereits. Packen wir’s an!

Wenn die Hockenheimer Bevölkerung wächst, gibt es auch immer mehr Kinder. Vor einigen Jahren waren wir mit der Anzahl unserer KiTa-Plätze fast vorbildlich aufgestellt im Rhein-Neckar-Kreis. Das sieht heute leider ganz anders aus. Besonders in der U3 Betreuung brauchen wir mehr Plätze. Anders als früher wollen Frauen nicht mehr 3 Jahre warten, bis sie in den Beruf zurückkehren und das ist sehr verständlich. Wir freuen uns auf den neuen Kindergarten an der Albert-Einstein-Straße, befürworten sämtliche Überlegungen zum Neubau des Parkkindergartens, sind jedoch froh, dass ein angedachter KiTa-Bau an der Hauptstraße aus den Köpfen des Gemeinderats verschwunden ist und einer angemessenen, von Anfang an genauso geplanten Wohnbebauung Platz macht. Auch hier wollen wir natürlich die oben genannte 30% Quote für finanzierbaren Wohnraum berücksichtigt finden.

Was glauben Sie: Ist Hockenheim eine soziale Bildungs- und Kulturstadt?

Der Einfluss einer fachlich gut aufgestellten Abteilung für Soziales, Bildung, Sport und Kultur geht zurück.

Ein Gesamtkonzept für die Hockenheimer Schullandschaft fehlt immer noch. Sicher hat man mit der Arbeit des AK- THRS einen neuen und guten Weg beschritten. Neue Ideen zu einer zukunftsfähigen Realschule mit integrativer Wirkung sind zusammen mit der THRS, der Verwaltung und den Fraktionen entstanden.

Sind wir nun mutig und nehmen wir den Campus in jeder Hinsicht als Chance für die Hockenheimer Schullandschaft mit GS, SAK, THRS, VHS-Musikschule, einer Mensa und weiteren Sport- und Bewegungsräumen in Angriff.  Dies wären Kosten, die nachhaltig für die folgende Generation wirken würden.

Die Kindergartenlandschaft bewegt sich. Wie schon erwähnt, fließt sehr viel Geld in die Unterhaltung, in einen Neubau, in Sanierung und Umbau unserer Kindergärten.

Dass wir um eine Erhöhung der Gebühren für KITAS und Schulbetreuung nicht herumkommen, wissen auch wir. Aber sie muss schrittweise, sozial verträglich und bestenfalls auch einkommensabhängig in eine faire Balance gebracht werden. Inwieweit wir in Zukunft noch von „städtischen“ Kindergärten reden können, muss sich nach der Übergabe an Postillion in den nächsten Jahren zeigen.

Der Schandfleck Hofweg, der ja bereits erwähnt wurde, war bei uns für ca. 10 Jahre in jeder Haushaltsrede zu finden und hier und heute hoffentlich zum letzten Mal. 

Es ist unglaublich, dass es im Gemeinderat so lange gedauert hat, eine Lösung zu finden. Umso mehr freuen wir uns auf die neuen Unterkünfte auf der DRK Rettungswache. Und wir werden sicher freudig anstoßen, wenn die schäbigen Container im Hofweg endgültig abgerissen werden.

Die Mobilität in Hockenheim und Umgebung hat es 2020 auf die „To do-Liste“ der Stadt geschafft. Jetzt geht es in diesem Jahr darum, die Vorschläge des Mobilitätskonzeptes zu sichten und umzusetzen. Wobei...auf die von uns so sehr ersehnte Ost-West-Buslinie Richtung Walldorf-Wiesloch werden wir weiter warten müssen. Von den neuen Buslinien, die vom Land gefördert werden (und damit auch vom Kreis) liegt leider keine bei uns in Nordbaden. Wir warten weiter...

Nun zu unseren Stadtwerken. Hier treibt uns das den Werken angegliederte Aquadrom zunehmend Sorgenfalten ins Gesicht. Schon ohne die Corona-Pandemie ist das Bad einem starken Wettbewerb ausgesetzt und steigende Personalkosten, Investitionen für Instandhaltung, Brandschutz und Attraktivität führen zu immer höheren Betriebsverlusten. Auch können die Eintrittspreise nicht kostendeckend verlangt werden, sonst könnten sich viele einen Badbesuch gar nicht mehr leisten.

Es wurden schon diverse Maßnahmen ergriffen, um den Verlust zu reduzieren – und dann kam im letzten Jahr die Corona-bedingte Komplettschließung des Bades und die für diesen Januar geplante Wiedereröffnung mit Einschränkungen fiel ins Wasser. Wann das Bad endgültig wieder öffnen wird, kann zurzeit niemand sagen.

Kommunal geführte Bäder sind ohne Ausnahme defizitär, wir befinden uns also in bester Gesellschaft mit benachbarten Bädern. Schwimmbäder mit bezahlbaren Eintrittspreisen gehören aber auch zur Daseinsvorsorge einer Kommune; Luxusbäder sind schön und gut, aber nicht für den schmalen Geldbeutel geeignet. Deshalb wird uns unser Aquadrom auch weiterhin beschäftigen.

Zurück zu den Stadtwerken. In den letzten 10 Jahren ist hier die Verschuldung stark gestiegen und wird auch weiterhin zunehmen durch notwendige Investitionen in allen Bereichen. Große Investitionen in hohem Millionenbereich wurden oder werden getätigt z.B. beim Umspannwerk im Talhaus, in der Oftersheimer- Hund- und Bachstraße oder in der Oberen Mühl- und Oberen Hauptstraße.

Auch weiterhin stehen die Werke vor großen Herausforderungen, da, unter anderem,  Überschüsse im Strom- und Gasbereich eher rückläufig sein werden, ein großer Wettbewerb vorherrscht und auch die Regulierung der Netzentgelte Kosten erzeugt.

Trotz allem können wir stolz sein auf unser kleines, aber feines Stadtwerk mit seinen hervorragenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Nur sollten wir auch in Zukunft die

Entwicklung der Werke mit großer Sorgfalt im Auge behalten, damit Schulden nicht ausufern und die Werke stabil bleiben.

Wie sieht es am Hockenheimring aus? Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr ging es wieder los und die Geschäftsführung hat es außerordentlich erfolgreich verstanden, den Ring zu vermarkten. Jetzt stehen wieder alle Motoren still. Und viel schlimmer: Der Vertrag mit der Emodrom, der ganz kurz vor der Unterzeichnung stand, wartet immer noch auf einen Abschluss. Wir hoffen, dass es noch in diesem Jahr zum Vertragsabschluss kommen kann. 

Die Corona-Pandemie knebelt die Menschheit überall. Und es trifft auch Hockenheim brutal: Unsere kleinen Geschäfte und Restaurants, die wir genauso vermissen wie alle kulturellen Veranstaltungen in der Stadthalle und im Pumpwerk. Die Vereinstätigkeiten liegen brach, was auch besonders die Kinder und Jugendlichen in der Stadt trifft. Gut, dass wir den schönen Gartenschaupark haben und die wunderbare HÖP-Landschaft. Aber mal wieder schwimmen im Aquadrom wäre schön...

Wenn wir Corona überstanden haben werden wir uns erneut über unsere Investitionen unterhalten müssen. Über 38 Mio Rücklagen wurden in den vergangenen Jahren angespart für wichtige zukünftige Projekte, für eine mutige Stadtentwicklung. Genau dorthin muss dieses Geld fließen.

Das Allerwichtigste ist jetzt die Gesundheit. Die Gesundheit unserer Hockenheimer Bevölkerung und natürlich auch unsere hier im Gemeinderat, im neu gewählten Jugendgemeinderat und in der Verwaltung.

Das zählt wirklich. Alles andere lässt sich mit gutem Willen regeln!

Auf eine respektvolle Zusammenarbeit, sehr geehrter OB, sehr geehrter Bürgermeister, liebe Verwaltung und liebe Kollegen... auch im neuen Jahr.

Die SPD stimmt der Verabschiedung der Haushaltssatzung 2021, dem Wirtschaftsplan 2021 der Stadtwerke und der mittelfristigen Investitions- und Finanzplanung zu.

Die SPD Fraktion

Marina Nottbohm

Willi Keller

Ingrid v. Trümbach-Zofka

Richard Zwick